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#WIRSINDDIESTIFTUNG: Mitarbeiterin-Portrait von Juliane, Lehrerin am Stiftungsgymnasium Magdeburg

Für unsere neue Folge #WIRSINDDIESTIFTUNG waren wir am Internationalen Stiftungsgymnasium Magdeburg (ISG) und haben mit Juliane Behrendt gesprochen. Sie ist dort seit der Gründung 2018 mit dabei, ist Deutsch- und Kunstlehrerin und als schulfachliche Koordinatorin Teil der Schulleitung. Sie erzählte uns, was das Stiftungsgymnasium so besonders macht, was ein Snoozle-Raum ist, worauf sie im Umgang mit ihren Schüler*innen besonders viel wert legt, was im Schulfach Glück unterrichtet wird und wie sie ihren stressigen Alltag als Lehrerin und Mutter managed.

Zum Video-Format:

In kurzen Interviews stellen sich hier Mitarbeiter*innen unserer Stiftung und ihrer Gesellschaften vor. Warum arbeiten sie bei uns und was macht ihre Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe so besonders? Das und mehr erfahrt ihr in unseren Videos, News-Beiträgen, Instagram Stories und Facebook Posts. Folgt uns auf:

Das gesamte Interview könnt ihr hier nachlesen:

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge #wirsinddiestiftung! Heute befinde ich mich im Snoozle-Raum des Internationalen Stiftungsgymnasiums Magdeburg und hier treffe ich Juliane.

Juliane – wer bist du und was machst du? Stell dich gerne einmal vor.

Mein Name ist Juliane Behrendt, ich bin schulfachliche Koordinatorin hier am Internationalen Stiftungsgymnasium, das bedeutet, ein Teil der erweiterten Schulleitung zu sein. Sie besteht aus einem Schulleiter, einer stellvertretenden Schulleiterin und drei Koordinatoren, wovon ich eine bin.

Was macht das Stiftungsgymnasium so besonders?

Wir haben uns 2018 gegründet, das heißt, wir befinden uns jetzt im vierten Jahr des Bestehens und wir hatten die Gelegenheit und die einmalige Chance, Schule nach unseren Vorstellungen zu formen und das spiegelt sich hier in ganz vielen tollen Projekten und Säulen, die die Schule tragen und wir versuchen zu unterstützen, wider. Wir versuchen, ganz oft aus dem gewohnten Raum und aus dem üblichen Rahmen, den man von Schule kennt, hinauszublicken und zu schauen, wie weit können wir im Rahmen unserer Möglichkeiten gehen. Was können wir verändern, was können wir für die Schüler*innen machen, um das Schulsystem ein wenig zu revolutionieren – das Wort ist vielleicht etwas zu weit gegriffen, aber doch, zu verändern und zu Gunsten der Schüler*innen zu wirken. 

Ihr bietet unter anderem auch das Schulfach Glück an, um welche Themen geht es denn dabei?
Das Schulfach Glück bieten wir jahrgangsübergreifend für alle Altersgruppen an und das ist auch einmalig hier in Sachsen-Anhalt, dass das gemacht wird und in das Curriculum aufgenommen wird. Die Themen, die dabei eine Rolle spielen, sind vor allem Stärken und Schwächen – also die Schüler*innen sollen herausfinden, was habe ich eigentlich für individuelle Stärken, was kann ich damit machen, welche Schwächen habe ich und wie kann ich die für mich nutzen beziehungsweise damit gut leben, dass ich sie habe. Jeder Mensch hat, wie wir alle wissen, Schwächen und einen Umgang damit zu erlernen, Visionen zu entwickeln für das weitere Leben. Visionen aber auch für die eigene schulische Arbeit innerhalb des Stiftungsgymnasiums und dann auch an die Hand zu bekommen, einen Plan, wie ich diese Vision annehmen und umsetzen kann. Darum geht es im groben und natürlich haben wir je nach Jahrgang unterschiedliche spezifische Themen im Fokus.

Du bist ja auch zertifizierte Beraterin für Persönlichkeitsentwicklung, inwiefern hilft dir das denn im Umgang mit deinen Schüler*innen?
Ich glaube, in der Glücksausbildung ist es so, dass einem immer wieder ganz klar vor Augen geführt wird, dass nicht die Erziehung und nicht die Wissensvermittlung den Schwerpunkt der Arbeit mit Kindern darstellen, sondern dass der Schwerpunkt eigentlich auf der Beziehungsebene liegt. Wenn die Beziehungsebene stimmt und man mit den Schüler*innen gut klarkommt, aber vielleicht auch nicht so gut klarkommt – also eine Beziehung schafft, die nicht immer heißen muss, dass man sich unglaublich mag. Nicht jede*r Schüler*in mag mich sicher, aber wir haben eine Beziehung miteinander, wir versuchen, auf Augenhöhe miteinander zu agieren, dass dann die Wissensvermittlung und die Erziehung viel leichter und effizienter ist. Ich glaube, das ist das, was ich hauptsächlich da mitgenommen habe.

Wie reagieren die Schüler*innen auf das Schulfach Glück?
Am Anfang sind natürlich alle total gespannt, was es damit auf sich hat und warten ganz gespannt die erste Unterrichtsstunde ab und dann klärt man das natürlich in der ersten Unterrichtsstunde, welche Ziele das Ganze hat, welche Teilbereiche es gibt und es ist auch wissenschaftlich gut fundiert. Wir haben eine große Basis aus der Glücksforschung, auf der wir arbeiten und dann gibt es sehr viel Auseinandersetzung mit sich selbst. Das heißt, die Schüler*innen setzen sich natürlich mit dem auseinander, was sie beschäftigt, was sie glücklich macht: Wie ist denn die familiäre Situation, wie ist die Situation unter Freunden, welche Rollen haben sie innerhalb ihrer Schulgemeinschaft, wie können sie daran arbeiten, wir können sie das zu ihren Gunsten verändern und wie können sie aber auch mit Rückschlägen und Druck besser umgehen. Gerade in Klassenstufe 6 zum Beispiel haben wir viele Dankbarkeitsübungen gemacht, das heißt, hier sind Filme und Höraufnahmen entstanden, die dann auch direkt an die Personen, die mit den Schüler*innen in Beziehung stehen, also Mama, Papa, Geschwister, weitergegeben wurden und wo man diese Beziehungsarbeit in diese familiäre Richtung noch viel stärker ausdehnt. Sie reagieren da sehr positiv drauf und freuen sich auf den Unterricht.

Worauf legst du in deinem Unterricht am meisten Wert?
Ich glaube, ich habe schon immer sehr viel Wert darauf gelegt, dass ich die Schüler*innen fair behandle, also keine Unterschiede mache, egal, wie das Leistungsgefälle ist oder egal, wie vielleicht die ersten Kontakte sind, sondern immer eine individuelle Entwicklung zu sehen. Nicht einen Maßstab anzusetzen für alle Schüler*innen, sondern individueller zu gucken, das ist mir ganz, ganz wichtig und auch herauszufinden, was sitzt da für ein Mensch vor mir? Nicht, wie kriege ich das Wissen alles in ihn hinein und wie schaffe ich es, meinen Lehrplan abzuarbeiten, weil hört man auch häufig, dass durch die sehr vollgepackten Lehrpläne ein großer Druck bei Lehrer*innen entsteht, aber das kann nicht das Hauptanliegen sein. Das Hauptanliegen ist eben, wer sitzt da vor mir und wie kann ich individuell auf den Menschen eingehen und wie kann ich auch begreiflich machen, dass das, was ich beibringen möchte, für ihn in seinem individuellen Leben und in seinen Plänen eine Rolle spielt. Das heißt, es geht nicht darum, zu lernen, in Kunst beispielsweise, dass ich ein perfektes Portrait zeichnen kann, sondern dass ich verstehe, dass Kunst einfach eine Möglichkeit ist, mich auszudrücken neben Musik, Schauspiel, Tanz und Sport, neben Schrift und Texten. Dass jeder das für sich versteht, dass es ein Angebot ist, was in die Fächer kann und gehört, und was man für sich nutzen kann – persönlich, zu Hause. Oder dass es in Deutsch nicht darum geht, einen perfekten Aufsatz über Lyrik zu schreiben, sondern darum, dass man mit Texten und mit Worten gut umgehen kann, weil das unglaublich wichtig ist im Leben, in allen Bereichen.

Du bist gleichzeitig Vertrauenslehrerin, wie kannst du die Kinder dadurch unterstützen?
Genau, ich bin eine von zwei Vertrauenslehrerinnen, die immer gewählt werden zu Beginn des Schuljahres von den Schüler*innen und das heißt, sie wählen natürlich Menschen, auf die sie leicht zugehen können mit ihren Problemen und wir bekommen häufig E-Mails von Schüler*innen nachmittags oder im Abendbereich, die etwas auf dem Herzen haben. Wir werden aber auch aufgesucht in den Pausen und konfrontiert mit Problemen. Ganz oft geht es darum, einfach nochmal abzustecken, in welcher Relation ihre Probleme stehen, also das heißt, ist das wirklich etwas Ernstes und manchmal kann man ihnen die Angst schon nehmen, wenn man sagt, man hat das auch schonmal erlebt oder man kennt dieses Gefühl, von dem die Schüler*innen sprechen, dann relativiert sich ganz häufig schon ein Problem. Manchmal müssen wir aber auch Eltern dazunehmen oder externe Beratungsstellen hinzuziehen. Ich glaube, für die Schüler*innen ist es ganz wichtig, jemanden zu haben, der ihnen einen Maßstab vorgeben kann. Also ab wann wird es kritisch und gefährlich, was kann ich selbst noch händeln, welche Tipps hat jemand für mich, darum geht es in der Arbeit.

Inwiefern spürst du die aktuellen äußeren Umstände wie die Corona-Pandemie oder den Krieg in der Ukraine in deiner Rolle?
Während der Homeschooling-Phasen und während des Wechselunterrichtes relativ wenig Anfragen von Schüler*innen hatten, also verhältnismäßig weniger als vorher. Aber nachdem alle Schüler*innen wieder in der Schule waren, kam es zu einem deutlichen Anstieg an Gesprächsbedarfen. Sehr, sehr viele Schüler*innen haben uns geschrieben, kamen auf uns zu, hatten familiär etwas auf dem Herzen, haben nicht mehr in die Rollen gefunden in der Klasse. Das ganze Klassengefüge und -konstrukt hatte sich verändert und es war ganz schwierig bis hin zu vermehrtem Medienkonsum, der sich ausgewirkt hat auf die Psyche der Kinder, wo man gemerkt hat, okay, hier geht es auch in Richtung Schönheitsideale, Essstörungen und Selbstverletzungen, die dann tatsächlich auch dazukamen. Und das hat sich gehäuft nach Corona, leider. Der Krieg aktuell spielt natürlich auch eine große Rolle in den Köpfen der Schüler*innen, sie setzen sich damit stark auseinander. Da ist es weniger die Arbeit als Vertrauenslehrerin, die eine Rolle spielt, sondern mehr die Rolle aller Lehrer*innen, die nämlich permanent in ihren Unterrichten darauf angesprochen werden, einen Zusammenhang herzustellen. Zwischen dem, was sie unterrichten, also Geschichte und Geografie, und dem, was gerade in der Welt passiert. Und da fragen die Schüler*innen gezielt nach und haben Gott sei Dank auch das Vertrauen, ihre kritischen Fragen oder ihre Gedanken zu äußern und wir haben Antworten, hoffe ich, die weiterhelfen oder zumindest Wissen vermitteln und Denkanstöße geben. Auch in Kunst haben einige Schüler*innen es sich gewünscht, das Thema zu bearbeiten und das haben wir natürlich gerne gemacht.

Welche Werte möchtest du deinen Schüler*innen mit auf den Weg geben?
Also ich glaube, die Wichtigsten sind Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit. Also das Gefühl, im Leben wirklich etwas bewirken zu können, vielleicht in einem abgesteckten Rahmen, der der Persönlichkeit der einzelnen Schüler*innen entspricht, aber das Gefühl zu haben, etwas bewegen zu können, andere mit auf den Weg nehmen zu können und da dann auch das Thema Toleranz, also als weiteren wichtigen Wert Toleranz und Offenheit gegenüber verschiedenen Nationen, gegenüber der großen Heterogenität, die es einfach auf der Welt gibt, Diversität und nicht in dem Sinne, dass man sagt, die Welt ist schön, obwohl sie divers ist, sondern dass man versteht, dass die Welt deswegen schön ist – weil sie divers und heterogen ist. Das möchte ich versuchen, ihnen mit auf den Weg zu geben.

Was ist das Schönste an deinem Beruf und was ist die größte Herausforderung?
Ich glaube, das deckt sich fast. Der sehr intensive und jeden Tag andere Umgang mit den Menschen, mit den Kolleg*innen, mit den  Schüler*innen, mit den Eltern, was ja wirklich drei unterschiedliche Gruppen sind, mit denen man sich aber täglich auseinandersetzen muss in unterschiedlicher Form, ist das Schönste. Und gleichzeitig ist es aber auch die größte Herausforderung, weil es einen natürlich – es gibt keinen geradlinigen Weg, jeder Tag ist irgendwie anders, man muss sich permanent einstellen auf Befindlichkeiten, man kommt manchmal in eine Klasse und man merkt einfach, das Feeling ist komisch und muss herausfinden, woran das liegt oder man hat Auseinandersetzungen im Kollegium, weil man beispielsweise Projekte anstoßen möchte und die Leute mit auf den Weg nehmen möchte und natürlich auch alle daran partizipieren lassen möchte und man hat Auseinandersetzungen mit den Eltern, die natürlich auch das Beste für ihre Kinder wollen. Meistens sind sie sehr schön, also Auseinandersetzungen im positiven Sinne, lehrreich, und manchmal ist es schwierig, abends abzuschalten. Mein Tag gliedert sich immer in zwei Arbeitsphasen, ich habe den Morgen bis Nachmittag, wo ich hier arbeite und dann nochmal die später Abendstunden, wo ich vorbereite und dann ist es ganz schwierig, irgendwo die Grenzlinie zu ziehen und entspannt ins Bett zu gehen.

Hast du da einen Tipp für effektives Zeitmanagement, das Raum für Erholung bietet?
Ich habe ja noch zwei kleine Kinder zu Hause, das heißt, es ist wirklich relativ knapp bemessen, meine Zeit. Ich habe viele Termine und wenn ich zu Hause bin, habe ich natürlich auch viele Aufgaben, die auf mich warten. Aber ich denke, dass die Familie ein großer Punkt ist, also dass man einfach ein sehr stabiles Netz braucht, was im Hintergrund läuft und wo man sich auch nicht scheuen darf, um Hilfe zu bitten, wenn man dann einmal Termine hat, die nicht verschiebbar sind oder wenn man Hilfe benötigt in Situationen. Ich fange jetzt immer an, meinen Urlaub sehr weit im Voraus zu planen, dass ich so Eckpfeiler habe, an denen ich festhalten kann, auf die ich mich schon weit im Vorfeld freue, das heißt, immer aktiv die Phasen zu planen, in denen man nichts tut für die Schule. Ansonsten ist Ferien, das ist immer so ein Irrglaube, doch relativ arbeitsbelastet, weil ich sehr viele Korrekturarbeiten habe, Planungsarbeiten habe, die während der Ferien ablaufen. Außer in den Winter- und Sommermonaten und da plane ich immer sehr weit im Voraus schon meine Erholungsphasen ein. Ansonsten Freunde treffen ist immer gut und bietet dann eben auch den entsprechenden Ausgleich, ja und sich selbst auf die Füße zu treten und auch einmal nichts zu tun, das fällt mir manchmal auch sehr schwer, aber das muss sein.

Wenn wir schon über Erholung reden, wir sind ja hier im Snoozle-Raum, was hat es denn damit auf sich?
Der Snoozle-Raum dient der Erholung für die Schüler*innen, sie haben einen sehr stressigen Alltag, einen sehr lauten Alltag und hier ist es so, dass man sich aus diesem Alltag zurückziehen kann. Wir haben viele Schüler*innen, die sehr gerne lesen, die gerne Musik für sich hören, die sich auch einmal zurückziehen wollen und dadurch, dass es eine Ganztagsschule ist, haben sie selten die Möglichkeit, aber hier ist der Ort geschaffen dafür, das doch einmal zu tun. Hier ist es immer etwas dunkler als überall sonst und leiser als überall sonst und hier ist der Rückzugsort für unsere Schüler*innen.

Juliane, ich danke dir für deine Zeit und für das Interview.

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