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Atemzug, Besenstrich: Weihnachtsbrief unseres Vorstands

„Siehst Du, Momo“, sagte er, „es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang, die kann man niemals schaffen, denkt man.“
Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort: „Und dann fängt man an, sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst zu tun, und zum Schluss ist man ganz aus der Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen!“
Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter:
„Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst Du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, den nächsten Atemzug, den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur den nächsten.“
Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: „Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.“

aus Momo von Michael Ende

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner,
liebe Kollegen und Kolleginnen!

Ja, manchmal hat man eine lange Straße vor sich, man glaubt, sie will nicht enden. Da ist es ganz klein, das Licht am Ende des Tunnels. Trotzdem zieht es uns an, wir müssen weitergehen, wir kommen aus dem Dunklen und streben auf das Licht zu.

Das oben Beschriebene erleben wir in unserer Arbeit mit jungen Menschen immer wieder. Veränderung ist mühsam, Erfolge stellen sich nicht sofort ein. Viele wollen mehr, im Hilfeplan werden maximale Ziele benannt. Der junge Mensch und auch die Lebensbegleiter, nehmen sich viel vor und die Enttäuschung ist groß, wenn die Umsetzung dann nicht so funktioniert wie gedacht. Kennen Sie das auch? Das große Vorhaben scheitert, man würde am liebsten alles stehen und liegen lassen, weglaufen vor der Aufgabe. Dann kommt es darauf an, dranzubleiben, so wie Beppo der Straßenfeger: Atemzug, Besenstrich, Atemzug, Besenstrich. Es geht darum, die Freude nicht zu verlieren, um die Sache gut zu machen. Die Freude nicht zu verlieren – leichter gesagt als getan.

Rückschläge, wohin man sieht.

Fangen wir bei dem Thema an, was ich eigentlich umgehen wollte, aber wohl nicht darum herumkomme: Corona. Es läuft nicht so, wie ich noch im Weihnachtsbrief 2020 gehofft habe. Die Pandemie ist noch da. Sie schränkt uns massiv ein und es ist kein Ende abzusehen. Die Gesellschaft spaltet sich, selbst in Familien verläuft die Trennlinie zwischen Geimpften und Impfgegnern. In Schulen und Kindergärten muss weiter getestet und Quarantäne verhängt werden. Die Kollegen und Kolleginnen fühlen die hohe Verantwortung; sie sollen die Kontakte in die Familien halten, während andere schon längst auf dem Rückzug und im Homeoffice sind. Ein langer Atem, Mut und Freude an der Aufgabe und den Menschen ist gefragt.

Afghanistan, Belarus, EU-Außengrenzen. Eine Katastrophe für die Menschen! Schlepper machen Ihr Geld, wir die Grenzen zu. Hunger und Schläge am Stacheldraht, der feuchte Tod im Mittelmeer. Wohin führt das? Zu Hass und Gewalt, zu menschlichen Katastrophen. Tauschen Sie nur für einen Moment in Ihrem Kopf die Rollen, stellen Sie sich vor, Sie sind die Mutter oder der Familienvater, der abgewiesen wird, wohl wissend, dass Ihre Kinder kein klares Wasser und was zu essen haben, frieren und durchnässt sind. Da hilft auch nicht Atemzug, Besenstrich; da ist die Straße gesperrt, es geht nicht weiter. Hier fällt es schwer, Hoffnung zu haben. Wo bleibt die Solidarität des christlichen Abendlandes. Ein Leichtes die Verbindung zwischen der Herbergssuche Maria und Josefs und der vorhandenen Abschottung der EU herzustellen, jede Weihnachtspredigt könnte das hergeben.

Der Klimawandel zeigt sich immer deutlicher: Überschwemmungen, Dürren, Wirbelstürme. Lange, große Konferenzen mit wenig Ergebnis. Ich erinnere mich an die Zeit, in der ich mein Abitur nachgemacht habe, 1980. Da haben wir das Thema intensiv diskutiert. Mein damaliger Theologielehrer sagte immer: „Sie werden sehen, die Schöpfung wehrt sich gegen diese Ausbeutung.“ Recht hatte er, vor 41 Jahren.

Es fällt schwer, das Licht am Ende zu sehen, ich bitte Sie sehr, bleiben Sie dran: Atemzug, Besenstrich, Atemzug, Besenstrich. Wir brauchen Menschen, die sich mit einem langen Atem für diese wichtigen Dinge einsetzen. Ob es die persönliche Entwicklung Einzelner ist, der Familienfrieden, die Gerechtigkeit an den Grenzen oder die Rettung unserer Lebensgrundlage.

Wir haben unseren Mitarbeitenden auch in diesem Jahr, statt Weihnachtsfeier, einen Stern geschenkt. Der Stern soll Licht ins Dunkle bringen. Er soll Mut machen, dass die Welt nicht verloren ist.

Der Stern zeigt uns den Weg zur Krippe. Der Friedensfürst wird in Bethlehem geboren, lassen wir etwas von seinem Glanz in unserem Leben erstrahlen. Mit Freude Atemzug, Besenstrich, schon die kleinen Schritte machen Hoffnung. Veränderung fängt in unserem Leben an!

Wir wünschen Ihnen auch im Jahr 2022 einen langen Atem und hoffen Sie haben mit unserem kleinen Tischkalender viel Freude.

Aus der Stiftung Evangelische Jugendhilfe St. Johannis Bernburg grüßt Sie,
Klaus Roth, Anna Manser, Dietmar Linde

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