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Fachtagung „Männliche Fachkräfte und Geschlechter(vielfalt) in Kitas“

Magdeburg, 07. September 2023

In Kooperation mit dem Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe Sachsen-Anhalt e. V. (KgKJH), der Stiftung Evangelische Jugendhilfe und der Hochschule Magdeburg-Stendal veranstaltete die Gesellschaft für elementare Bildung  (GEB) gestern eine Fachtagung mit knapp 70 Teilnehmenden.

Die Tagung mit dem Titel „Männliche Fachkräfte und Geschlechter(vielfalt) in Kitas“ richtete sich an alle, die sich für die Förderung von Geschlechtergerechtigkeit und Geschlechtervielfalt in der frühkindlichen Bildung und Betreuung interessieren und engagieren.

Das Ziel der Organisatoren war es vor allem zu Sensibilisieren, Wissen zu vermitteln und in den Austausch mit Fachkräften aus ganz Sachsen-Anhalt zu gehen. Dabei standen die folgenden Themenbereiche im Fokus:

  • Auf welchen Ebenen müssen wir uns im Kontext von Kindertageseinrichtungen mit Geschlecht auseinandersetzen?
  • Wie können wir Geschlechtergerechtigkeit und -vielfalt in der frühkindlichen Bildung fördern?
  • Welche Beiträge leisten männliche Fachkräfte in der Kita-Praxis und wie können wir sie stärken?
  • Wie können wir in Kitas mit Geschlechtervorstellungen und -klischees umgehen?
  • Welche pädagogischen und methodischen Ansätze gibt es, um Geschlechtervielfalt wertschätzend zu begegnen?

Susi Möbbeck, Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt, eröffnet den Fachtag mit Grußworten an die Fachkräfte. Für Sie ist es wichtig, dass wir im Land eine vorurteilsfreie Berufswahl ermöglichen können. Ihr Ziel ist es, dass junge Menschen ihren Beruf klischeefrei wählen und ihre eigenen Talente erkennen können, unabhängig vom Geschlecht. Sie möchte die stereotype Wahrnehmung von „typischen“ Männer- und Frauenberufen durchbrechen. Dieser Fachtag soll Raum für Reflexionen bieten. Auch der Erzieher*stammtisch des KgKJH und der Stiftung Evangelische Jugendhilfe sei ein gutes Beispiel für die positiv Entwicklung innerhalb der Organisationen.

Klaus Roth, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Evangelische Jugendhilfe und Vorstand der Gemeinnützigen Gesellschaft für elementare Bildung mbH, richtet seinen Dank an die Organisator*innen und Kooperationspartner*innen bevor er auf die Rolle von männlichen Fachkräften in Kitas einging. Er lädt dazu ein Stereotype zu hinterfragen und die Vorteile eines diversen Kollegiums in den Vordergrund zu rücken. Die Stiftung Evangelische Jugendhilfe werde als Organisation viel dafür tun, dass Geschlechtervielfalt gefördert wird. In den Kitas (12,5%) und den Horten (23,5%) der Stiftung arbeiten prozentual bereits mehr männliche Fachkräfte als im Bundesdurchschnitt (7,9%, Stand 2022, Quelle: Mitteldeutscher Rundfunk).

Fachtag startet mit Impulsreferaten aus der Wissenschaft

Während des Vormittag erwartete die Teilnehmenden zwei impulsgebende Referate:

  • „Pädagogische Professionalität braucht kein Geschlecht!?“ von Prof. Dr. Christoph Damm, Professor für Pädagogik in der Sozialen Arbeit an der Hochschule Magdeburg-Stendal: für den Forschenden und Lehrenden hat sich herausgestellt, dass bei geschlechtersensiblen Irritationen und Herausforderungen im pädagogischen Umfeld vor allem das kollektive Bewusstsein und die professionelle Umgangsweise der Organisationen gefragt ist. Reflexionen und Veränderungsprozesse brauchen Zeit und verursachen Kosten. Dies kann langwierig und komplex sein. Dennoch dürfen Organisationen sich davor nicht scheuen und müssen den notwendigen Raum dafür bereit stellen.
  • „Wie viele Geschlechter kennt die Kita?“ von Judith Linde-Kleiner, Geschäftsführerin des KgKJH: Auch Frau Linde-Kleiner verweist einmal mehr auf die Wichtigkeit der kollektiven Verantwortung der Organisation gegenüber der Geschlechtervielfalt, die meist in der Praxis noch nicht übernommen wird. Für sie ist es wichtig, mehr Raum für Geschlechtervielfalt zu bieten. Schließlich seien die gesetzlichen Grundlagen dafür längst geregelt. Doch das reiche nicht, denn oft sind in der Pädagogik alte, tief verankerte Einstellungen und Werte handlungsleitend, die noch durch binäre, teils konservative Geschlechterstereotype geprägt sind. Doch solle man auch immer entspannt bleiben in neuen Erfahrungen und der Umsetzung neuer Verhaltensweisen und vorrangig immer die Kinder in ihrer Selbstbestimmung unterstützen. Insbesondere solle sich das Fachpersonal für die Lebenslagen von Mädchen, Jungen, sowie auch transidenten, nicht-binären und intergeschlechtlichen Kindern stets sensibilisieren. Insbesondere letztere erleben in ihrer frühkindlichen Exploration ihrer Geschlechterrolle und individuellen Entwicklung oft viel weniger Vorbilder und zur Verfügung stehenden Materialien.

Sechs Workshops bieten praktische Tipps und themenspezifische Vertiefungen

Am Nachmittag konnten sich die Teilnehmenden für einen der folgenden sechs angebotenen Workshops entscheiden:

  • „Männer in KiTas? – Aber sicher! Fachliche Antworten auf den Generalverdacht gegen Männer“ von Dipl.Päd. Olaf Jantzmannigfaltig e.V. – Institut für Jungen- und Männerarbeit Hannover, Leitung „Männer in KiTas Hannover“. Es wurden Möglichkeiten eines Mitarbeitendenschutz gegen Verdächtigungen und Zuschreibungen erarbeitet und dargestellt. Ein besonderes Augenmerk lag auf der Rehabilitierung zu Unrecht beschuldigter Mitarbeiter*innen. Auch eigene Fallbeispiele konnten mit eingebracht werden.
  • „Als männliche Fachkraft in der Kita – Worüber ich schon immer einmal im Rahmen eines Fachaustauschs reden wollte“ von Jens Krabel, Mitbegründer des Instituts für Gegenwartsfragen der frühen Bildung und Organisationsberater beim Ev. Kirchenkreisverband für Kindertageseinrichtungen Berlin Mitte-Nord. Herr Krabel lud die Teilnehmenden zum praxisbezogenen Fachaustausch ein, in dem sie sich gemeinsam folgende Fragen stellten: Sie haben in ihrer Arbeit Erfahrungen mit geschlechterstereotypen Einstellungen, Arbeitsaufteilungen oder Benachteiligungen gemacht? Sie werden in bestimmten Situationen auf ihr „Mann-Sein“ reduziert? Die Zusammenarbeit in einem geschlechtergemischten Team beschäftigt Sie und Sie würden über diese Fragen gerne einmal methodisch angeleitet sprechen und Handlungsoptionen reflektieren? In diesem Fall sind Sie herzlich zu einem praxisbezogenen Fachaustausch eingeladen.
  • „Methodenset: Klischeefrei fängt früh an“ von Sascha Meinert, Fachberater der Servicestelle der Initiative Klischeefrei. Geschlechterklischees begleiten Kinder von der Geburt an und verfestigen sich schon im Alter von drei bis vier Jahren. Auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt probieren Kinder sich aus und ahmen dabei auch Erwachsene nach. Kita-Fachkräften kommt also eine große Bedeutung zu, damit Kinder klischeefrei aufwachsen können. Das Methodenset „Klischeefrei fängt früh an” (Initiative Klischeefrei in Kooperation mit dem KgKJH) unterstützt Fachkräfte der frühen Bildung, Geschlechterklischees im Beruf in Bezug auf Rollenbilder spielerisch zu hinterfragen. Es enthält Methoden für die klischeefreie pädagogische Arbeit mit Kindern, die Sensibilisierung und Selbstreflexion im Team, die Einbindung von Eltern und Erziehungsberechtigten sowie Tipps und Anregungen für die Vor- und Nachbereitung und die Umsetzung im Kita-Alltag.
  • „Medienkoffer: Geschlechter- und Familienvielfalt in Einrichtungen der frühkindlichen Bildung in Grundschulen und Horten“ von Jonathan Franke, Referent* für Geschlechtervielfalt und dem Medienkoffer vom Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe Sachsen-Anhalt e.V.: Gemeinsam mit den Teilnehmenden wurden die folgenden Fragenstellungen näher beleuchtet: Welche Vorstellungen gibt es über „richtige“ Mädchen* und „richtige“ Jungen*? Was macht geschlechtliche Vielfalt aus? Wie kann es gelingen, geschlechtsspezifische Zuschreibungen und unterschiedliche familiäre Lebensmodelle im pädagogischen Alltag zu thematisieren, ohne diese besonders hervorzuheben? Was können wir tun, damit geschlechtliche Vielfalt als Normalität begriffen wird? Gemeinsam wurde der Medienkoffer entdeckt, die Vielfalt von Geschlechtern ergründet und darüber diskutiert, wie diese, als Bestandteil der pädagogischen Arbeit, sichtbar gemacht und thematisiert werden kann.
  • „Jungenorientierte Erlebnispädagogik – vom ich zum wir – Methoden zur kooperativen Zusammenarbeit“ von Nico Iser, Erzieher, Erlebnispädagoge, Heilpädagoge der Stiftung Evangelische Jugendhilfe. In diesem Workshop erlernten die Teilnehmenden die Grundkenntnisse der Erlebnispädagogik anhand praktischer Übungen. Themen, wie die richtige Metapher, eine richtige Auswahl der für die Gruppe passenden Übungen und Reflexionsmethoden bieten den Teilnehmenden viel Spaß und Kreativität beim Finden von Lösungen.
  • „Vom Kinderbuch zum Theaterstück – theaterpädagogische Impulse entlang geschlechterbewusster Kinderbücher“ von Sandy Gärtner Theaterpädagogin, Dramaturgin und Schauspielerin. Dieser Workshop erarbeitete Antworten zu den folgenden Fragen: Wie kann ich ein aktuelles Kinderbuch theatral umsetzen? Welche Herangehensweisen gib es dabei? Welche theatralen Mittel setze ich wie ein? Diese Fragen wurden in diesem Workshop sehr praxisnah beantwortet, indem man sich mit geschlechtersensiblen und geschlechtervielfaltsbewussten Kinderbüchern beispielhaft beschäftigte.

Pädagogisches Theaterstück „Die Große Nein-Tonne“ beendet den Fachtag

Zum Abschluss wurde ein Theaterstück präsentiert:  „Die Große Nein-Tonne“ mit und von der TPW – Theaterpädagogische Werkstatt gGmbH. Und darum ging es: „Das will ich aber nicht! Das macht mir Angst! Nein, damit fühle ich mich gar nicht wohl!” Sätze wie diese hören Kinder nur selten aus dem Mund ihrer Eltern. Und das ist wirklich schade.Mit Die große Nein-Tonne sensibilisieren wir Kinder deshalb schon sehr früh für ihre Gefühle und Ängste und nehmen ihre Zu- und Abneigungen ernst. Wir wollen, dass sie in Zukunft laut und deutlich Nein! sagen, wenn jemand ihre persönlichen Grenzen überschreitet.Alles, was blöde Gefühle macht, entsorgen die beiden Kinder unseres Stücks in einer großen Tonne. Zusammen überlegen sie, was sie loswerden möchten. Zähneputzen? Fernsehzeiten? Pünktlich sein? Obwohl die Zwei all das nicht mögen, sehen sie ein: Manche Regeln machen Sinn – und gehören deshalb nicht in die Tonne. Aber die Darsteller*innen erzählen auch von Erlebnissen, die sie richtig sauer machen. Zum Beispiel neulich: Da wollte der Papa einfach für seinen Sohn bestimmen, dass die Suppe nicht zu heiß ist, um gegessen zu werden. Und da sind sich die Kinder einig: Alle Menschen können immer nur für sich selbst sprechen und nicht wissen, was ein anderer oder eine andere zu warm oder zu kalt, zu leicht oder zu schwer, zu langweilig oder zu gruselig findet.

Rund um das Rahmenprogramm hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit zum Netzwerken und gegenseitigem Austausch von Erfahrungen.

Weiterführende Informationen

Mehr zum Thema geschlechtersensible Pädagogik und dem Medienkoffer finden Sie beim Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe Sachsen-Anhalt e. V. (KgKJH):

Sie interessieren sich für weitere Fort- und Weiterbildung rund um den Elementarbereich? Besuchen Sie hier die Website der Gesellschaft für Elementare Bildung (GEB):

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